Der sensible Titelheld des Theaterstückes Elling, der gemeinsam mit seinem bulligen Freund Kjell Bjarne aus einer Nervenheilanstalt entlassen und begleitet von ihrem Sozialarbeiter Frank, in ein "normales" Leben geführt werden soll, ruft durchaus Assoziationen an Forrest Gump, Rain Man und Einer flog über das Kuckucksnest wach. Doch das Stück, welches in diesem Fall die Basis für den gleichnamigen, Oscar nominierten Film lieferte und der im gesamten deutschsprachigen Raum als "Kultfilm" gehandelt wurde, vermeidet konsequent alle ausgetretenen Pfade der Nervenheil-Dramaturgien. Die Art, in der Elling über die Wechselfälle des Lebens und den Zustand unserer modernen Welt philosophiert, ist von unbestechlichem Charme, hat Intelligenz, Witz und zeugt von einem scharfsichtigen Durchblick, den man diesem unheroischen Helden zunächst gar nicht zutraut.
Für Elling und Kjell Bjarne sind die alltäglichen Probleme, mit denen sie nach ihrer Entlassung aus der psychiatrischen Klinik konfrontiert werden, eine echte Herausforderung. Elling, der sich selbst als Muttersöhnchen bezeichnet, neigt zu Übertreibungen jeder Art, ist besserwisserisch, eigenwillig und dabei sehr, sehr ängstlich. Selbst ein klingelndes Telefon empfindet er schon als Bedrohung, gegen die er sich zur Wehr setzen muss. Sein bäriger "Blutsbruder" Kjell Bjarne verfolgt mit stoischer Hartnäckigkeit die zwei großen Interessen seines Lebens: Essen und (endlich!) Sex mit einer Frau haben. Um die beiden neurotischen Helden wieder in die "normale" Gesellschaft einzugliedern, stellt ihnen der norwegische Staat eine Wohnung und den Sozialarbeiter Frank, der ihnen mühsam ein paar Regeln beibringt: telefonieren, einkaufen, ausgehen.
Als Kjell Bjarne endlich eine Frau kennenlernt - sie fällt ihm am Weihnachtsabend sturzbetrunken und hochschwanger vor die Füße - entdeckt Elling seine Liebe zur Poesie und verfasst eigene Gedichte, die er - anonym natürlich - in Supermärkte einschmuggelt und in Sauerkrautverpackungen versteckt.
Über die skurrilen Probleme und Ängste, mit denen sich Elling & Partner herumschlagen, können wir herzhaft lachen, doch die Themen, die das Stück aufgreift, berühren ganz zentrale philosophische und emotionale Fragen unserer Existenz. Wie oft sind die "echten" Katastrophen die inneren Krisen und nicht die äußeren dramatischen Umstände? Neben vielen anderen Einsichten vermittelt Elling einen wichtigen Gedanken: Die größte Herausforderung liegt im Wagnis, sich der Welt zu stellen.
von Axel Hellstenius nach dem Roman "Blutsbrüder" von Ingvar Ambjørnsen. Regie: Harald Posch. Alexander Pschill als Elling, Ursula Strauss, Erich Altenkopf und Oliver Huether. Bühne / Kostüm: Stephan Koch
Premiere: 15. Juni 2005, Beginn: 20:00 Uhr, Spieltage: 16., 17., 18., 19., 22., 25., 26.Juni und 3.Juli 2005
Eintrittspreise: 16,-/14,-/12,- Euro, Ermäßigte Eintrittskarten für Studenten, Zivildiener etc. nur an der Abendkassa! Kartenverkauf in jeder Raiffeisen Bank mit ATO. Karteninformationen: 02572/337551, Filmhof Weinviertel, 2151 Asparn an der Zaya 2, http://www.filmhof.at .