"Einst war Krieg als eine Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln gedacht. Ist heute nicht an seine Stelle die Kultur getreten?" fragte Boris Buden in einem Kulturrisse Artikel 1998. Diese (beinah rhetorische) Frage ist mehr und mehr mit "Ja" zu beantworten, betrachtet man das "Friedensprojekt" Europa, das sich gerade in dieser Form der Kriegskunst übt. "Kultur", kulturelle Eigenheiten müssen zum einen als Kitt und zum anderen als Scharfmacherinnen dienen, um die einen in einer europäischen Identität zu vereinen und "anderes" draußen zu halten. Die neue Ausgabe der Kulturrisse - Zeitschrift für radikaldemokratische Kulturpolitik widmet sich in Kooperation mit dem Projekt translate des eipcp dem komplexen Thema der kulturellen Übersetzung. Wurde Übersetzung meist als Übertragung eines Originals in eine andere Sprache verstanden, so gilt heute diese einfache Vorstellung der Transferleistung nicht mehr.
Boris Buden zeigt in seinem Artikel, dass eine Politisierung des Begriffs der kulturellen Übersetzung nur möglich ist, wenn dieser als dekonstruktivistischer Ansatz, der die Vorstellung einer in sich originären "Kultur" radikal in Frage stellt, gesehen wird. Auch Rastko Mocnik kritisiert die Kulturalisierung als Zerstörung der politischen Sphäre und untersucht ausgehend vom romantischen Begriff der Übersetzung die Produktion von "Tradition" in Auseinandersetzung mit einem "Original" oder Vorbild. Hito Steyerl nimmt den Ansatz Walter Benjamins auf, der die Vorstellung eines Originals radikal ablehnte. Sie wendet sein Konzept einer Sprache der Praxis auf die dokumentarische Form an. Stefan Nowotny nimmt die Annahme, "Kultur" drücke etwas aus, zum Anlass für eine Analyse von Übersetzung als Problem des Ausdrucks im Umfeld der Cultural und Postcolonial Studies, während Encarnación Gutiérrez Rodríguez Übersetzung als Werkzeug transversalen Verstehens und als Methode des Denkens jenseits von Identität und Differenz diskutiert. Dieter Lesage wiederum glaubt an die Übersetzbarkeit des bisher auf die Ebene des Nationalstaats begrenzten Konzepts der Demokratie auf die Ebene des Globalen.
Bestellungen: Kulturrisse 0206 "Jenseits der Kultur: Politik der Uebersetzung"
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Die Ausgabe ist auch in folgenden Buchhandlungen erhältlich:
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