Das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich eröffnet seine Konzertsaison 2006/2007 mit einer Rarität: Chefdirigent Kristjan Järvi präsentiert in Wien, St. Pölten und Grafenegg Beethovens Neunte Symphonie in einer bearbeiteten Version von Gustav Mahler. Die Premiere findet am 29. September im Musikverein statt, nachdem Mahlers Fassung der Neunten seit mehr als 90 Jahren nicht mehr in Österreich gespielt wurde. Die Konzerte des Tonkünstler-Orchesters sind zugleich die ersten Aufführungen weltweit in der Edition der Kritischen Gesamtausgabe der Werke Mahlers.
Die erste Wiener Aufführung der Beethoven-Bearbeitung fand 1901 ebenfalls im Musikverein statt und wurde von Gustav Mahler selbst dirigiert. Sein Ziel war es, die Komposition Beethovens dem modernen Orchester anzugleichen und dort retuschierend einzugreifen, wo die zu Beethovens Zeiten technisch noch nicht so gut entwickelten Instrumente Konturenschärfe vermissen ließen. Mahler verstärkte die Orchestrierung, passte die Stimmen der Blechbläser den besseren technischen Möglichkeiten seiner Zeit an, verdoppelte viele Stimmen und verschärfte auch die Phrasierung und Artikulation.
Diese Fassung wurde vom Publikum euphorisch aufgenommen, zugleich jedoch von der Musikkritik heftig angegriffen. In Rezensionen war von der "Barbarei" der "Übermalung" die Rede, "gegen den klar ausgesprochenen Willen Beethovens". Mahler hingegen sah seine Bearbeitungen keineswegs als respektlosen Eingriff in ein unantastbares Meisterwerk: "Beethovens Symphonien sind ein Problem, das für den gewöhnlichen Dirigenten einfach unlösbar ist. Ich komme immer mehr dahinter. Sie bedürfen unbedingt der Interpretation und Nacharbeitung. Schon die Zusammensetzung und Stärke des Orchesters macht das nötig: zu Beethovens Zeiten war das ganze Orchester nicht so groß wie heute die Streicher allein. Wenn nun die übrigen Instrumente nicht ins richtige Verhältnis dazu gebracht werden, kann es nicht richtig herauskommen." So überliefert Mahlers Freundin Natalie Bauer-Lechner die Haltung des Komponisten zur "Beethoven-Problematik". Tonkünstler-Chefdirigent Kristjan Järvi bewundert den Mut Gustav Mahlers: "Wir sollten vor den alten Meistern nicht ängstlich auf die Knie fallen und uns an irgendwelche Regeln klammern, sondern immer wieder versuchen, ihre Musik neu zu entdecken. Mahler hatte keine Angst davor, die Konventionen zu hinterfragen, wie Beethoven vermeintlich klingen soll."
In Wien dirigierte Arnold Schönberg 1915 nach Mahlers Tod noch einmal den bearbeiteten Beethoven. Nach beinahe einem Jahrhundert gibt das Tonkünstler-Orchester dem Publikum von heute die Möglichkeit zu erleben, wie man Beethoven in der Spätromantik auch gehört hat. Kristjan Järvi ist überzeugt, dass auch heute die Hörer beeindruckt sein werden: "Ich liebe Beethovens Musik und verehre Gustav Mahler, deshalb bin ich stolz, dass wir diese faszinierende Version der Neunten nach mehr als 90 Jahren wieder einem österreichischen Publikum vorstellen können."
Tonkünstler-Orchester: Mahlers Beethoven
Fr 29. 9. 2006, 19.30 Uhr, Musikverein Wien, Großer Saal
Sa 30. 9. 2006, 18.30 Uhr, Schloss Grafenegg, Alte Reitschule
So 1. 10. 2006, 16.00 Uhr, Musikverein Wien, Großer Saal
Mo 2. 10. 2006, 19.30 Uhr, Festspielhaus St. Pölten, Großer Saal
Slowakischer Philharmonischer Chor
Gabriele Fontana - Sopran, Barbara Hölzl - Alt, Arnold Bezuyen - Tenor, Reinhard Mayr - Bass, Kristjan Järvi - Dirigent
ARVO PÄRT Cantus in Memory of Benjamin Britten
LUDWIG VAN BEETHOVEN Symphonie Nr. 9 für Soli, Chor und Orchester d-moll op. 125, bearbeitet von GUSTAV MAHLER
Tickets und Informationen für das Publikum
Tonkünstler-Kartenbüro, MuseumsQuartier Wien, Museumsplatz 1/e-1.2
T: (01) 586 83 83, F: (01) 587 64 92
mailto:tickets@tonkuenstler.at , http://www.tonkuenstler.at .
Adressen Veranstaltungsorte und Kartenpreise
Musikverein Wien, Bösendorferstraße 12, 1010 Wien
Karten von Euro 21 bis Euro 40
Festspielhaus St. Pölten, Kulturbezirk 2, 3109 St. Pölten
Karten von Euro 8 bis Euro 32
Schloss Grafenegg, 3485 Grafenegg
Karten von Euro 16 bis Euro 32