LR Schleritzko: Wo einst der Eiserne Vorhang die Menschen trennte, gibt es nun zahlreiche wirtschaftliche und kulturelle Initiativen
1874 wurde die Thayabrücke in Hardegg eröffnet, 1885 erhielt sie mit der Stahlkonstruktion der renommierten Stahlbaufirma Ignaz Gridl ihr heutiges Aussehen. Im Rahmen der Feier anlässlich des 150-Jahr Jubiläums der Thayabrücke in Hardegg wurde ihre gemeinsame Denkmalschutzausweisung in Österreich und Tschechien präsentiert. Die beiden Nationalparks Thayatal und Podyjí werden 2025 eine weitere Hängebrücke errichten und in Verbindung mit der historischen Grenzbrücke einen neuen, grenzüberschreitenden Rundwanderweg durch Hardegg schaffen.
Die Eröffnung der Thayabrücke in Hardegg am 25. Oktober 1874 stellte eine der wichtigsten belebenden und wirtschaftsfördernden Maßnahmen in Hardegg im 19. Jahrhundert dar. Die Sperre der Grenze nach dem zweiten Weltkrieg hingegen war für die Stadt eine große Zäsur. Das Leben an der „toten“ Grenze bedeutete wirtschaftlichen Rückgang und brachte Abwanderung und Überalterung der Bevölkerung mit sich. Die nackte Brücke mit ihren rostigen Eisentraversen wurde zum Symbol für abgebrochene Beziehungen. Groß war daher die Freude, als die Brücke nach der Samtenen Revolution am 12. April 1990 wiedereröffnet und ein Austausch über die Grenze wieder möglich wurde.
„Mit der Gründung des Nationalparks Thayatal und der damit verbundenen Schaffung des grenzüberschreitenden Schutzgebiets Thayatal-Podyjí im Jahr 2000 ist es gelungen, eine wunderschöne Tallandschaft zu schützen und regionalwirtschaftliche Impulse zu setzen. Mit dem Beitritt Tschechiens in die Europäische Union am 1. Mai 2004 wurden viele weitere Hindernisse abgebaut, unter anderem auch die Grenzkontrollen. Wo einst der Eiserne Vorhang die Menschen trennte, gibt es nun zahlreiche wirtschaftliche und kulturelle Initiativen zwischen Niederösterreich und dem südmährischen Nachbarn. Die ehemalige Grenzregion ist im Herzen Europas angekommen, sie ist ein herausragendes Beispiel für gute Nachbarschaft und grenzüberschreitende Zusammenarbeit“, so Landesrat Ludwig Schleritzko, der in Vertretung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und als ehemaliger Direktor des Nationalparks Thayatal an der Feierlichkeit teilgenommen hat.
Jiří Němec, Vorsitzender des Umwelt-Ausschusses des Kreisamtes Südmähren, präsentierte gemeinsam mit dem NÖ Landtagsabgeordneten Michael Sommer eine neue Initiative der beiden Nationalparks: „In Verbindung mit der historischen Thayabrücke in Hardegg wird eine neue Hängebrücke am westlichen Ortsrand von Hardegg errichtet und so ein weiterer grenzüberschreitender Rundwanderweg geschaffen. Diese ermöglicht eine kurze Wanderung durch das historische Stadtensemble von Hardegg und die Uferwälder des angrenzenden Národní park Podyjí. Die Brücke wird durch das Programm INTERREG der Europäischen Union finanziert, das zum Ziel hat, gemeinsame grenzüberschreitende Maßnahmen zwischen Mitgliedsstaaten zu fördern.“
Christoph Bazil, Präsident des Bundesdenkmalamtes und Zdeněk Vácha, Direktor des Denkmalamtes in Brünn, stellten das gemeinsame Vorgehen bei der Denkmalschutzausweisung der Thayabrücke in beiden Ländern vor. Die Brücke befindet sich im Eigentum der Tschechischen Republik und des Landes Niederösterreich, die Staatsgrenze verläuft genau in der Mitte der Brücke. Die Erklärung des Denkmalschutzes erfolgte bereits 2023 und ist die erste gemeinsame österreichisch-tschechische Denkmalschutzausweisung. Bei zukünftigen Sanierungsmaßnahmen werden die Vorgaben abgestimmt, zum Beispiel ist eine gemeinsame Festlegung der Farbe der Brücke geplant. Die beiden Zollhäuser sind im Eigentum des Národní park Podyjí und der Stadtgemeinde Hardegg und stehen nun ebenfalls unter Denkmalschutz. Sie beherbergen Ausstellungen zur Geschichte der Brücke oder der Natur des Thayatals.
„Die beiden Nationalparks Thayatal und Podyjí sind zwar die kleinsten Nationalparks in den jeweiligen Ländern, sie sind jedoch ein Hotspot der Biodiversität. Durch die Lage im Schatten des Eisernen Vorhangs konnte sich die Natur hier nahezu unbeeinflusst entwickeln. Viele Arten wie Schwarzstorch, Fischotter und Wildkatze, die anderswo verschwunden sind, fanden hier einen wichtigen Rückzugsort. Die Natur kennt keine Grenzen, daher müssen die Maßnahmen im Naturschutz aufeinander abgestimmt sein“, betont Sektionschef Christian Holzer als Vertreter des Bundesministeriums für Klimaschutz und hebt die gute Zusammenarbeit der beiden Nationalparks hervor.
Jiří Lehejček, Vize-Umweltminister der Tschechischen Republik berichtet von neuen Nationalparkinitiativen in Tschechien: „Neben den grenzüberschreitenden Nationalparks Podyjí (Thayatal), Šumava (Böhmerwald), Krkonoše (Riesengebirge) und České Švýcarsko (Böhmische Schweiz) soll nun auch das Landschaftsschutzgebiet Křivoklát als Nationalpark ausgewiesen werden. Dieser befindet sich zirka 40 Kilometer westlich von Prag und wäre der erste nicht grenzüberschreitende Nationalpark. Mit der Nationalparkerklärung soll die Nutzung der Wälder beendet werden, damit sich die Natur frei entwickeln kann.“
Friedrich Schechtner, Bürgermeister der Stadtgemeinde Hardegg, und die beiden Nationalparkdirektoren Tomáš Rothröckl und Christian Übl konnten bei der Veranstaltung ca. 800 Besucherinnen und Besucher begrüßen, die beim Festakt oder dem umfangreichen Rahmenprogramm mit dabei waren. Musikgruppen aus beiden Ländern spielten auf, Zillenfahrten auf der Thaya rund um die Brücke waren ausnahmsweise möglich, Akrobatik & Clownerie sorgten für Spaß und Unterhaltung. Auch beim gemeinsamen Singen auf der Brücke waren die Gäste aus beiden Ländern begeistert mit dabei. Höhepunkt des Festes waren zwei Seiltänzer der Gruppe Chodimenalajne.cz, die neben der Brücke in zwölf Meter Höhe auf einer Slackline die Thaya überquerten und so die Verbindung zwischen Österreich und Tschechien symbolisch zum Ausdruck brachten.
Unter den Gästen waren unter anderem Dr. Bettina Kirnbauer, Österreichische Botschafterin in Prag, Mag. Jan Brunner, Stellvertreter des tschechischen Botschafters in Wien, Dr. Ferdinand Trauttmansdorff, ehemaliger Botschafter in Prag, Bezirkshauptmann Karl-Josef Weiss, DI Helmut Postl, Leiter der NÖ Brückenbauabteilung und Ing. Stanislav Doležal, Bürgermeister von Horní Břečkov – Čížov.
Weitere Informationen: Büro LR Schleritzko, Pressesprecher Jan Teubl, MSc (WU), Tel 0676/812 12345, jan.teubl@noel.gv.at