Die Gestaltung des gewaltigen Freiraums an der bischöflichen Residenz hat eine wechselvolle Geschichte: Parkplatz bis 2008, Bürgerbefragung, Architektenwettbewerb, lange archäologische Grabungen und 2022 schließlich die Umsetzung nach dem Konzept von Jabornegg & Pálffy, das nun auf geteilte Meinung trifft.
„Der Domplatz wird als multifunktionaler Platz für den Wochenmarkt, liturgische Zwecke und Open-Air-Festivals genutzt. Die Gestaltungsmaßnahmen definieren einen großzügigen städtischen Raum, der die variablen Nutzungen aufnimmt und die notwendige Infrastruktur anbietet.“ So hieß es im Entwurf der Architekten. Da wusste man noch nichts von den sensationellen archäologischen Schätzen, die darunter schlummerten: Reste der Römerstadt, 22.000 Bestattungen aus der 900-jährigen Friedhofsgeschichte und zwei mittelalterliche Sakralbauten.
Aufgrund des Schutzes dieser archäologischen Ausgrabungen und der beabsichtigten Nutzungsfreiheit wurde beinahe zur Gänze auf eine Möblierung des Platzes verzichtet. Die Bepflanzung ist auf einen schmalen Streifen im Südteil des Platzes beschränkt, auch die Beleuchtung erfolgt zur Gänze über die Platzfassaden.
Diese Platzlösung wird bisweilen als ernüchternd empfunden: Großzügige wie diffizile Gesamtkonzeption, Klarheit der Geometrien, ausgewählte Materialien und minimalistische Gestaltung seien mit einer zeitgemäß stadträumlichen und umweltgerechten Lösung schwer vereinbar, lauten Reaktionen aus Bevölkerung und Fachwelt.
Kontroversielle Fragen stehen im Raum. Zur sozialräumlichen Rolle und Platznutzung, zu Aufenthalts- und Überquerungsqualitäten, zu fehlenden Verweilmöglichkeiten. Was macht die Platzdimension mit dem Stadtparterre? Wie ist der Einfluss auf die umliegenden Gebäude. Und konnten wirklich nicht mehr Bäume gepflanzt werden? Ganz ohne Schatten? Steinbelag und Regenwasser?
Auch die im Masterplan *stp25|50 definierte Rolle wird hinterfragt samt Wechselwirkungen zur Umgebung, wo die Stadt bereits unterstützende Impulse zur Belebung und Attraktivierung setzt. Umsiedlung der Stadtbibliothek, Parkgarage am Bischofsgarten und Neugestaltung des Promenadenrings sind einige davon. Auch private (Groß-)Projekte wie die Leiner-Gründe beeinflussen den Stadtkörper – und damit auch den Domplatz.
Der dialogische Rundgang lädt zu Interessensaustausch und sachlicher Auseinandersetzung. Es führt Architekt Franz Denk, begleitet von Architekt Christian Jabornegg, Jens de Buck (Leiter der Stadtentwicklung), Harald Ludwig (Vizebürgermeister), Architekt Ernst Beneder (Vorsitzender des Gestaltungsbeirats), Stadtmuseumsleiter Thomas Pulle.
Eine ORTE Veranstaltung im Rahmen der Architekturtage 2024
Termin: Samstag, 8. Juni 2024, 14 – 17 Uhr
Treffpunkt: vor der Stadtbücherei am Domplatz, 3100 St. Pölten
Teilnahme kostenfrei, Anreise in Eigenregie, Anmeldung erbeten unter office@orte-noe.at
Aussenderin: ORTE Architekturnetzwerk Niederösterreich, Heidrun Schlögl, 3500 Krems, Steiner Landstraße 3, Tel 02732/78 374, 0660/653 99 77, office@orte-noe.at