PROGRAMMKINO: THE NAVIGATORS
Am 20. Februar 2003, 20 Uhr im Haager Theaterkeller
THE NAVIGATORS
UK/D/E 2001
Originaltitel: NAVIGATORS, THE Produktion: Parallax Pictures / Road Movies Filmproduktion / Tornasol Films / Alta Films
ProduzentIn: Rebecca OBrien, Verleih: Stadtkino
Regie: Ken Loach , Buch: Rob Dawber
Kamera: Mike Eley, Barry Ackroyd
Schnitt: Jonathan Morris
Musik: George Fenton
DarstellerInnen: Tom Craig, Joe Duttine, Steve Huison, Venn Tracey, Dean Andrews, Andy Swallow
Laenge: 95 min
Ken Loachs politisch und sozial engagiertes Kino ueber das Leben britischer Bahnarbeiter, eine englische Arbeiterkomoedie die mit viel Witz beginnt und tragisch endet.
Ken Loachs Film berichtet einfuehlsam von einer Gruppe von Bahnarbeitern, die 1995 ein Opfer der Privatisierung der British Rail wird, Verwerfungen des Spaet Thatcherismus. Die Maenner, die seit Jahren fuer die British Rail arbeiten, sind nicht nur gute Kollegen, sondern auch Freunde. Der Privatisierung ihres Unternehmens sehen sie zunaechst mit amuesierter Ironie und Sarkasmus entgegen. Doch schon bald muessen sie feststellen, dass die neuen Arbeitsbedingungen ihr Leben bis in den Privatbereich veraendern. Und das bleibt nicht ohne tragische Konsequenzen.
Zwei Figuren stehen im Mittelpunkt, Mick (Thomas Craig) und Paul (Joe Duttine), die sich seit ewigen Zeiten kennen und die besten Freunde sind. Paul hat sich gerade von seiner Frau getrennt und lebt bei Mick, der ihm vor Jahren den Job bei der Eisenbahn verschafft hat. Besonders in der Aufloesung dieser Freundschaft spiegelt sich der Verfall der Gewerkschaften, die in Loachs Augen die gemeinsame Macht hatten, Dinge zu veraendern. Doch mit der zunehmenden Zerschlagung des Unternehmens (am Ende haben alle sechs Protagonisten unterschiedliche Arbeitgeber), vergeht auch der Einfluss der Gewerkschaft.
Kritik:
Aesthetisch inszenierte Bilder muessen hier eine Ausnahme bleiben, passen nicht zum Konzept des Films; und so faellt auch auf, wie sehr der Arbeiter, der den Kopf seines sterbenden Freundes am Schoß haelt, an die Pieta erinnert.
Ein eindrucksvoller Film von Ken Loach, dessen Bilder Jazzklaenge unterlegt sind, der die freie Marktwirtschaft anprangert, indem er ihre Auswirkungen auf den Mikrokosmos einer Gruppe von Arbeitern beleuchtet, und sowohl in formaler als auch in erzaehlerischer Hinsicht konsequent in Bilder umsetzt.
Ein frischer satirischer Wind beatmet den Film, wenn die Arbeiter den abstrusen Verordnungen mit erdverbundenem Mutterwitz begegnen. Loach beschwoert den Geist der Solidaritaet ebenso wie das Knowhow aus vielen Jahren praktischer Arbeitserfahrung. Zugleich aber macht er keine falschen Hoffnungen. Die Dinge sind nicht gut, umkehrbar sind sie aber auch nicht. Man muss sich arrangieren, die Notwendigkeiten erschließen sich ueber individuelle Schicksale. Wie stets hat sich Loach dafuer praechtig pralle Typen gesucht, die er in Serien, auf der Theaterbuehne oder auch gleich direkt auf der Straße gefunden hat. Auch wenn es eine bittere Geschichte ist und laengst nicht jeder ein gutes Ende findet, der Humor geht nicht verloren. Die Investition in einen neuen Besen oder eine Gratisbuechse Thunfisch zum Frittenkauf, der Film findet immer wieder Gelegenheiten, um herrlich trockenen englischen Witz auszuspielen. Es haette leicht eine weinerliche Sozialpredigt werden koennen, es wurde eine menschliche Komoedie voller Heiterkeit und Ernst. Eben ein Film aus dem Leben.
Das Loach den Aufsieg des Kapitals bedauert und problematisch betrachtet, ist in vielen seiner Filme deutlich geworden, insofern betritt er mit The Navigators keineswegs Neuland. In Zeiten in denen ein Großteil der Kinobesucher nach seichter, banaler und ganz gewiss nicht politischer Unterhaltung verlangt, kann man Loach entweder als unverbesserlich bezeichnen oder ihn fuer seinen ungebrochenen Einsatz bewundern. Doch abseits aller politischer Stellungnahme, zeichnet er beruehrende Charaktere, mit allen Fehlern und Problemen die Menschen innehaben. Dass das Drehbuch vom ehemaligen Gewerkschafter Rob Dawber geschrieben wurde, der kurz vor Abschluss der Dreharbeiten verstarb, verhilft dem Film darueber hinaus zu einer bemerkenswerte Authentizitaet, die jede allzu deutliche politische Aussage verschmerzen laesst.
The Navigators entstand nach dem Drehbuch von Rob Dawber. Er war 18 Jahre lang Eisenbahner und Gewerkschafter, bis ihn die Privatisierung den Job kostete. Er schrieb seine Erfahrungen nieder und fand in Ken Loach genau den Richtigen fuer die Umsetzung. Im Februar 2001 starb Rob Dawber im Alter von 45 Jahren. Er litt an von Asbest verursachtem Lungenkrebs, den er sich als Bahnarbeiter geholt hatte.
Haager Theaterkeller, KIM (Kultur im Mostviertel) Kulturverein Haag, Hoellriglstraße 2, 3350 Haag
mailto:haager@theaterkeller.at ,
Online Reservierung/Homepage: http://www.theaterkeller.at .
Kartenbuero Oeffnungszeiten: Fr 15 bis 18 Uhr, Sa 9 bis 12 Uhr
24 Stunden Kartenhotline: Tel 07434/44 600, Fax: DW 4